Achtung des Menschenkörpers. Verbot des Tötens, Verwundens, Schlagens. (איסור רציחה והכאה)‎ Kapitel 45

‎Nicht sollst du morden. (ΙΙ, 20, 13.)

‎Wenn sein wird Streit zwischen Menschen,
und sie treten hin zum Gerichte, und man richtet sie,
und spricht gerecht den Gerechten
und schuldig den Schudigen;
so sei es:
wenn der Schlagstrafe verfallen ist der Schuldige,
so läßt ihn niederwerfen der Richter,
und man schlägt ihn in seiner Gegenwart,
entsprechend seiner Schuld in Anzahl;
so schlage man vierzig ihn, nicht füge man hinzu;
fügte man hinzu ihn zu schlagen über dieses einen überschüssigen Schlag,
so wäre entwürdigt dein Bruder vor deinen Augen. (V, 25, 1.)

‎Verflucht ‎wer seinen Nächsten schlägt im Verborgenen (V, 27, 24.)

‎Alles Auftretende, das da lebt,
‎euch sei es zur Speise;
‎wie das Pflanzengrün
‎gebe Ich euch es all.
‎Jedoch, das Blut, das eurer Seele bestimmt ist, fordere Ich,
‎von der Hand jeden Tieres fordere Ich es;
‎und von der Hand des Menschen —
‎von der Hand seines Bruderwesens —
‎fordere Ich gewiß die Seele des Menschen.
Wer Menschenblut vergießt,
durch Menschen werde Deß Blut vergossen;
denn im Ebenbilde Gottes
bildete Er den Menschen. (Ι, 9, 3.)

§. 330.

Als Gott den Söhnen Nauachs, wie die Pflanzenwelt, so auch die Tierwelt hingab zum Genusse, und somit Tiere zu töten erlaubte, sprach Er es aus: daß aber jedes Menschenseele tragende Blut gefordert werde, gefordert werde selbst vom Tier, das einen Menschen tötet, geschweige von ihm zum Bruder gegebenen Menschen; denn im Ebenbilde Gottes habe Gott den Menschen geschaffen. Fühlst du nicht die Hoheit dieses Spruchs? Alle Wesen der Erde, Pflanze und Tier, gab Gott dem Menschen hin, daß er sie umwandle, tötend zur Sache mache, und sie als solche, als Mittel zu seinem Zwecke gebrauche, gleichsam als habe sie Gott ins Dasein zum Dienste des Menschen berufen. Aber im Menschen selbst, selbst in seinem Körper, sollst du den göttlichen Geist achten, den Gott zur Erde gehaucht, ihn in den Körper gehüllt, daß er, Gott nachstrebend, Körper und Erdenwelt verwalte nach Gottes Willen. Du sollst diesem göttlichen Geiste im Menschen die Körperhülle nicht rauben; ihm, dem Geiste, gehört der Körper an, wie er hinwieder Gottes ist. Du sollst das Band nicht trennen, mit dem Gott den Körper dem göttlichen Geiste im Menschen, der Menschenseele, verbunden, du sollst das Leben nicht rauben — du sollst nicht morden!

Alle Wesen rings um dich gab Gott dir als Mittel hin zu Seinem Dienste; und nur weil du und wenn du zu Seinem Dienste sie gebrauchst, darfst du Hand an sie legen; — aber der Mensch soll und kann nie dem Menschen Sache, Mittel werden, eben weil der Mensch nicht sein Körper ist, sondern der göttliche Geist, dem Gott den Körper als Werkzeug hingegeben — Fluch, wenn du Hand an ihn legst.

Offenbarung Gottes an die Erde ist der Mensch, seine Erdhülle Gottes Tempel, — Heiligtum Gottes störet sie nieder, die Hand, die einen Menschen tötet, und scheucht einen göttlichen Geist weg aus dem Kreise des ihm von Gott angewiesenen Wirkens; Fluch, wenn du mordest.

§. 331.

Begreife es wohl: gerecht gegen den Menschen sein, heißt ja nicht gerecht sein der Hand und dem Fuße und dem Kopfe und allem Verband der Glieder, die du siehst, — denn sie Alle sind ja nicht der Mensch, sind selbst nur Güter des Menschen, der selber Gott, dem er entstammt, ähnlich, unsichtbar, das Ich, die Persönlichkeit, die Seele ist, deren Werkzeug der Körper mit allen seinen Gliedern und Kräften, und zugleich das Band ist, wodurch sie die Erdwelt sich aneignet. Raubst du ihm dies Werkzeug, so hast du ihm Alles geraubt, was ihm von der Erdwelt angehörte; denn nur durch dasselbe war von der Erdenwelt etwas sein. — Und wer einen Menschen tötet, vernichtet in ihm all die Wirkungen, die er noch der Erde im Dienste Gottes geleistet hätte. Darum, sprechen die Weisen, ward die Menschheit nur als ein Einzelner geschaffen, um dir zu sagen, daß wer Einen Menschen tötet, eine ganze Welt vernichte.

§. 332.

Aber nicht nur das Band sollst du zu trennen dich hüten, das den Körper an den Geist bindet, dich hüten, dem Geiste den ihm von Gott zuerteilten ganzen Körper zu rauben; auch nur Ein Glied, einen Teil eines Gliedes ihm verletzt, oder wie immer Verstümmelung, Schwäche, Schmerz, bleibende oder vorübergehende Unbrauchbarkeit des Körpers gebracht, heißt Verrat begangen an dem Geist, der ihm inne wohnt, und dem du sein Werkzeug zerstört, oder ihm den Gebrauch gehemmt hast. — Und ohne Verwundung Schlagen, heißt in dem Menschen den Körper nur sehen, als Tier ihn achten, ihn entwürdigen. Selbst dem Menschen, in dem das Tier, dem Geiste ungehorsam, sich losgerissen und die Schranke thätig überschritten hat, die der Geist nach Gottes Gesetz ihm anzuweisen hatte, und der nun durch Schläge seiner Tiergewordenheit inne werden, und in ihm das Tier gedemütigt werden soll, selbst ihm bestimmt Thauroh der Schläge Zahl, und auch nur Einen Schlag mehr nennt sie Entwürdigung deines Menschenbruders — und du willst, um deinen Mut zu kühlen, schlagen deinen Menschenbruder? Auch wer nur die Hand aufhebt gegen seinen Menschenbruder zum Schlage, heißt »Bösewicht«, spricht die Lehre. —

§ 333.

Du darfst nicht morden. Du darfst nicht mittelbar oder unmittelbar eines Menschen Leben gefährden. Nur wer unbezweifelt dich zu morden kommt, den darfst du, wenn andere Rettung nicht möglich, töten, auf daß er dich nicht morde. Eben so wo du Mord einem Anderen bereiten siehst, oder Keuschheits-Raub, und du kannst den Bedrohten nur durch den Tod des Drohenden retten, da mußt du sein Leben töten, ehe er des Anderen körperliches oder sittliches Leben töte; doch, wo möglich, ihn zuvor warnen, und wo du durch Verlust eines Gliedes retten kannst, darfst du das Leben nicht gefährden. — Doch dich, oder einen Anderen, darfst du nicht retten mit dem Leben eines Dritten, der euch nicht bedroht. (‏ח״מ‎ 425.) — Auch nur Beschleunigen den Tod eines Sterbenden, durch Kopfkissen entziehen u. s. w. oder durch sonstige Bewegung und Berührung, ist Mord. (‏י״ד‎ 339.) —

Schlage nicht, verwunde nicht, bringe nicht Verstümmelung, Schmerz, Krankheit oder sonstige körperliche Beeinträchtigung durch Körperkraft, Werkzeug, Speise, Schreck, oder sonstige Mittel.

Hebe nie die Hand auf zum Schlage gegen deinen Nächsten. Nur wenn du deinen Bruder die Hand aufheben siehst zum Schlage gegen seinen Nächsten, magst du, wenn du nicht anders kannst, durch Schlagen ihn von Sünde zurückhalten. So darf auch ein Vater seinen Sohn, überhaupt Jeder die seiner Hut Uebergebenen, selbst durch Schlagen von Sünde zurückhalten zur Züchtigung und Erziehung, ohne sie vor Gericht zu fordern. Sonst aber darfst du nur zu Verteidigung, nie aber zur Rache oder aus Mutwillen schlagen, oder du heißest »Bösewicht«. ‏ח”מ(‎ 420. 421.)