Liebe. (‏אהבה)‎ Kapitel 16

Trage Liebe deinem Nächsten wie dir selber, Ich, Haschesm (III, 19, 18.)

§. 119. Liebe alles, was Ich dir zur Seite gestellt, fühle sein Dasein zu dem deinigen, sein Wohl zu deinem Wohle nötig; ja dein Dasein, dein Wohl, deinen Beruf erst durch sein Dasein ganz; deine Seele sei an sein Wesen geknüpft; Ich Haschem der Allliebende, und in dieser Allliebe dich, Mensch, zum Werkzeug dieser Liebe Berufende — mit diesem Worte öffnet dein Gott das Siegel deines Herzens, heißt dich den Bund der Liebe schließen mit allem, was den Stempel seines göttlichen Ursprungs trägt und ihn nicht selber Lügen gestraft (§. 118); — heißt dich alle Gotteskinder mit deinem liebenden Herzen umfangen. —

§. 120. Daß du in ihm nicht nur nicht den Nebenbuhler in Erringung der Güter dieser Erde erblickest, sein Wohl nicht als deines beeinträchtigend betrachtest — und ihm den Fleck gönnest, auf den ihn Gott wie dich gesetzt, und auf diesem Fleck auch Gedeihen ihm gönnst — das hieße nur: ihn nicht hassen — lieben ist’s noch nicht. — Lieben heißt: in ihm die einzige Bedingung deines Daseins, die einzige Bedingung deines Wohles, die einzige Bedingung deines ganzen Mensch-Jissroel-Berufs fühlen, und so in den Wunsch des eigenen Daseins und eigenen Lebens den Wunsch des Seinigen mit einschließen.

§. 121. Einzige Bedingung deines Daseins, deines Wohles, deines Berufes — wer wäre so stumpf, das nicht zu fühlen! Denke dir einmal weg die Schar der Menschenbrüder, die Gott dir zur Seite gestellt — und dich selber allein in dieser Erdenwüste — was wäre dein Dasein — deine Freude — aber noch mehr, wo bliebe dein Beruf? wenn du nicht lieben und wohlthun kannst? Bist zum Segen geschaffen ‏—‎ und hättest keinen, der deinen Segen empfinge! ‏— ‎bist zum Wirken geschaffen, sollst stützen, erhalten, trösten, belehren, ernähren, beglücken, beleben, — und hättest keinen, den du stützen, erhalten, trösten, belehren, ernähren, beglücken könntest und beleben! Und siehest du denn nicht, wie nur im Verein der Gesamtmenschheit es ist, daß Gott deinem Wirken Ewigkeit giebt? — die Gesamtheit nimmt auf und, als die Nimmersterbende, ist Erbe des Wirkens eines jeden Einzelnen; ohne sie wäre dein Wirken — Traum!

§. 122. Aber noch höher! Ich, Haschem, selber die Allliebe, bin ja Vater aller Wesen rings um dich, habe sie ja alle wie dich zum Leben und zum Heile berufen; wenn du mich liebst, und weil du mich liebst, liebe meine Kinder; freue dich an ihrem Heil, sieh in jeglichem mein Werk, mein Kind; in seinem Wohl, meines Werkes, meines Kindes Gedeihen; in seinem Weh Untergang meines Werkes, Leiden meines Kindes; — und liebe im Werke den Meister, liebe im Kinde den Vater. —

§. 123. Endlich, Ich, Haschem selber die Allliebe, der Ich den Menschen zum Werkzeug dieser Liebe berufen. — Siehst du nicht Mensch! wie diese Liebe deines Berufes edelste Blüte ist? Wodurch erhebst du dich über Stein und Pflanze und Tier? — ist’s dadurch nicht, daß du frei dich dem Wohle der Welt um dich weihen sollest? — und das ist eben ja nichts als Wirken der Liebe. Dein ganzes Wirken gehört Gottes Welt; ‏— mit dem Quell deines Wirkens, deinem Herzen, gehöre zuerst ihr an. Trage Liebe in ihm zu Gottes Welt, vor allem zum Menschenbruder, dem ersten und würdigsten Empfänger deines Segenswirkens — Liebe trag’ in deinem Herzen — in dieser Liebe bist du erst Mensch-Jissroel. —

§. 124. Diese Liebe, wenn sie die wahre ist, lebt sich hinaus in Thaten, durch die du die Welt um dich mit dem Maße deiner Kräfte zu dem Heilszustande förderst, in dem sie zu erblicken Forderung deiner Liebe ist. Regeloffenbarung für dies Liebeswirken, daß du nicht, im Wahne Heil zu fördern, Verderben bringest, ist die ganze Thauroh. In Bezug auf deine Menschenbrüder ist das »wie dir selber« Regel, die darum als Thatverpflichtung unter Mizwauß gehört. (Sieh Kap. 91.)