Abschnitt 8. Dass man keinen unrechtlichen Mann zum Richter einsetzen soll, und dass der Sohn eines guten, so wie die Strafe eines bösen Richters sehr groß ist

§ 1. Wer einen unrechtlichen Mann zum Richter einsetzt, hat große Strafe zu erwarten; man darf keinen Unwissenden zum Richter einsetzen, der sich jedes Mal erst bei einem Gelehrten Rat holen muss. In Städten aber, wo keine Gelehrten sind, muss man die besten und klügsten auswählen, wenn sie auch nicht des Richteramtes würdig sind, damit sie nicht gezwungen werden, bei nichtjüdischen Gerichtshöfen zu erscheinen. Sind die Richter aber einmal von der Gemeinde ernannt und angenommen, so können sie nicht mehr verworfen werden. Vor einem Richter zu erscheinen, der des Geldes wegen eingesetzt ist, ist ein Sünder, noch mehr, es ist sogar recht, wenn man einen solchen Richter verachtet und verspottet.

§ 2. Die Richter müssen mit Angst, Gottesfurcht mit umgehängtem Talith, mit gebeugtem Haupte und nicht mit Leichtfertigkeit vor Gericht sitzen, es ist verboten, unnütze Reden im Gerichte zu führen, der Richter soll sich betrachten, als ob ein Schwert an seinem Halse läge und die Hölle unter ihm offen wäre, er soll wissen, wen (seinen Nächsten, einen Israeliten) er richtet, und vor wem (vor Gott) er richtet und wer ihn einst bestrafen wird, wenn er vom Rechte abgewichen ist; jeder Richter, der nicht der Wahrheit gemäß richtet, ist Ursache, dass die Schechina (Gottes Herrlichkeit) sich von Israel abwendet und jeder Richter, der ungerechterweise von einem Geld nimmt und es dem anderen zuwendet, handelt so, als wenn er ihm das Leben genommen hätte. Jeder Richter aber, der recht richtet, handelt so gut, als ob er die ganze Welt in Ordnung gebracht hätte und verursacht, dass die Schechina bei Israel bleibt.

§ 3. Die ersten Weisen haben sich auf alle mögliche Art zurückgezogen, um nicht zu Richtern eingesetzt zu werden, bis sie überzeugt wurden, dass kein anderer diese Stelle bekleiden, und dass durch ihre fernere Weigerung das Recht nicht gehandhabt werden konnte und auch dann haben sie das Richteramt nur nach vielen Bitten des Volkes und seiner Vorsteher angenommen.

§ 4. Der Richter darf sich nicht herrschsüchtig und hochmütig gegen die Gemeinde benehmen, sondern in Demut und Gottesfurcht; ein Vorsteher, der durch sein Benehmen verursacht, dass die Gemeinde übertriebene Furcht vor ihm hat, wird nie das Glück genießen, einen Sohn zu haben, der Gelehrter ist – hingegen aber darf auch die Gemeinde ihre Vorsteher nicht mit Geringschätzung betrachten, selbst wenn sie keine Gelehrte sind – und man soll nicht über die Köpfe der Häupter des heiligen Volkes einherschreiten. 7 Der Vorsteher muss die Last und Beschwerde seines Amtes mit Geduld ertragen; die Gemeinde muss ihm aber auch mit Ehrerbietung begegnen und Ehrfurcht vor ihm haben; der Vorsteher soll sich nicht verächtlich und leichtfertig vor der Gemeinde betragen, denn sobald jemand als Vorsteher eingesetzt ist, darf er nicht in Gegenwart von drei Personen sein Handwerk betreiben (die früheren Talmudisten, Gelehrten, Rabbiner, Vorsteher, haben alle ein Handwerk betrieben), geschweige, dass er in Gegenwart von Vielen essen und trinken (und sich betrinken) darf. Jeder Richter muss jemanden haben, der ihn berdient, sonst darf er kein Richter sein.

§ 5. Auch den Gerichtsboten darf man nicht geringschätzig behandeln; das Gericht ist befugt, die Verächter desselben mit einer Züchtigung (Schläge) zu bestrafen; der Bote ist beglaubt, wenn er sagt, dass ihn jemand verächtlich behandelt hat und derjenige wird mit Bann bestraft. Der Bote wird in diesem Falle nicht als Verläumder betrachtet, auch kann er sich selbst Recht verschaffen durch Schläge.