26. - 46. Abschnitt - Das Wesentliche der Gesetzte über die Tephilin

Nachdem man den Talith mit den Zizith des Morgens angelegt hat, muss man die Tephilin anlegen – denn man steigt immer höher ins Heiligtum – aber nicht umgekehrt; die Tephilin haben nämlich eine größere Heiligkeit als die Zizith. Wenn man daher die Zizith und die Tephilin in einen und denselben Beutel legt, muss man die letztere unten legen. Wenn der Talith aber nicht bei der Hand ist, so kann man erst die Tephilin anlegen. Hat man den kleinen Talith schon im Hause an, dann kann man auch die Tephilin daselbst anlegen und so bekleidet mit dem kleinen Talith und bekrönt mit den Tephilin in die Synagoge gehen und sich daselbst mit dem großen Talith umwinden. (Die Weisen haben den Gebrauch, sich im Hause erst mit dem großen Talith zu umwinden, die Tephilin anzulegen und so in die Synagoge zu gehen.)
 Rabbi Ascher sagte des Morgens erst die nach der Ordnung folgende Segensprüche, bis Gelobt u.s.w., der Du Israel mit Herrlichkeit bekrönt. Dann legt er erst die Tephilin an und sprach darauf den erwähnten Spruch. – Die Tephilin muss man anhaben während des Lesens des Schma und  des Morgengebets. Man soll beim Anlegen der Tephilin in Gedanken haben, dass der Heilige – gelobt sei Er! – uns geboten hat, die Tephilin anzulegen, worin die vier Abschnitte sich befinden, welche die Einigkeit seines Namens und den Ausgang aus Mizraim enthalten. die Tephilin soll man am linken Arme gegen das Herz anlegen und auf den Kopf gegen das Gehirn, damit wir der Wunder immer gedenken, die Er für uns tat. Diese Wunder zeugen für seine Einigkeit und dass Er die Macht und die Regierung hat, im Himmel und auf Erden seinen Willen gemäß zu verfahren. Man soll also G’tt die Seele, welche sich im Gehirn befindet, untertänig machen, und auch das Herz, weil in diesem die Quelle der Lüste und Gedanken ist; dadurch wird man immer an den Schöpfer denken und seine Begierde mäßigen. Erst lege man die Tephilin an den linken Arm und spreche den Segen: Gelobt u.s.w., der Du uns geboten hast, die Tephilin anzulegen, – und dann lege man auch die Tephilin an den Kopf und spreche den Segen über das Gebot der Tephilin, und gleich darauf sage man: Gelobt sei der Name Seiner königlichen Ehre immerdar! (G’tt selbst legt auch Tephilin an. Überhaupt ist nach dem Talmud die ganze Prozedur der Tephilin und wie sie gemacht werden soll, dem Mosche auf dem Berg Sinai von G’tt gezeigt worden!) Das Pergament zu den Tephilin muss rein und sauber und darf nur von einem Juden zubereitet sein. Der Schreiber muss die Abschnitte nicht aus dem Kopfe, sondern aus dem 5. B. M. abschreiben und muss bei diesem Geschäft sowie bei Zubereitung des Pergaments immer im Gedanken haben, dass solches zum Zwecke der Tephilin geschieht; das Schreiben muss mit aller Sorgfalt geschehen, nichts darf darin korrigiert werden, kein Buchstabe darf daran fehlen, die Buchstaben müssen alle ein jeder nach seiner Form gleich groß sein, keiner  derselben  darf  in  der  Linie  zu  weit oben oder unten stehen, oder zu weit ein- oder auswärts. Um die Röllchen müssen reine Kuh- oder Kälberhaare gewickelt werden, und solche müssen aus den Behältnissen etwas herausragen und zu sehen sein. Recht schwarze Tinte, von Galläpfel gemacht, muss dazu genommen werden. Es sind eigene Schreiber von Profession, deren Geschäft es lediglich ist, die Tephilin, Mesusoth (das beschriebene Pergament an den Türpfosten) und Sephertoroth (Gesetzrolle, die 5. B. M.) zu schreiben und alles, was dazu gehört, zu verfertigen; diese Männer werden Sopherim (Schreiber) genannt, sie müssen g’ttesfürchtige Leute sein (alle Gesetze beobachten).
 Die Zeit zur Anlegung der Tephilin ist des Morgens, sobald es Tag ist, die Tephilin werden beim An- und Ablegen geküsst. In dem Beutel, worin die Tephilin aufbewahrt werden, darf nichts anderes, besonders kein Geld liegen. Auf dem Friedhof, Aborte, im Bade, in einem Zimmer, worin ein toter sich befindet, darf man keine Tephilin anhaben; ebenso darf kein Kranker oder wer immerfort unzüchtige Gedanken hegt, kein Studierender, kein wegen eines toten Trauernder, kein Bräutigam, keine Frau, kein Sklave die Tephilin anhaben.
 In dem Gehäuse der Tephilin am Kopfe werden vier kleine, besondere Behältnisse gemacht, in einem jeden derselben wird einer von den vier folgenden Abschnitten auf ein Stückchen Pergament geschrieben und hineingelegt, und zwar in folgender Ordnung: Erstens (links):

2. B. M.  13, die Verse 2,10, dann  
2. B. M.  13, die Verse 11,16, dann
5. B. M.  6, die Verse 4,9, dann    
5. B. M. 11, die Verse 13,21.

In den Tephilin am Arme ist in dem Gehäuse nur ein einziges Behältnis, worin obige vier Abschnitte auf ein und dasselbe Stück Pergament geschrieben und hineingelegt wird. Das Äußere der Behältnisse muss ganz schwarz sein. Die Riemen, welche auch von außen schwarz sein müssen, müssen so breit sein als die Länge eines Gerstenkorns und am Kopfe drei gute Spannen lang, von beiden Seiten vorne herunterhängend. Am Arme müssen sie so lange sein, dass der Unterarm siebenmal und der mittelste Finger dreimal damit umwickelt werden kann und noch etwas darüber herunterhängt. Die Form der Gehäuse (Behältnisse) der Tephilin ist nach dieser Abbildung . Über die Länge, die Breite und die Höhe derselben ist nichts Bestimmtes vorgeschrieben.
An der anderen Seite ist ebenfalls ein s Schin (aber nur mit drei Köpfen) eingepresst. die Riemen, gehen so weit von beiden Seiten, dass sie um den Kopf nach eines Jeden Größe passen. Dann wird ein viereckiger Knoten wie eine hebräische Dalleth gemacht; diese d  und s und diey  (siehe unten) bilden den Namen G’ttes yds Schadai, Allmächtiger. Der Knoten kommt gerade im Nacken zu liegen; von diesem Knoten gehen dann die Riemen auf jeder Seite bis über die Hüften herunter. Die Tephilin am linken Arme haben die nämliche Form, nur mit dem Unterschied, dass sie von allen Seiten glatt, alle vier Abschnitte, wie schon erwähnt, in einem und demselben Behältnisse auf ein einziges Stück Pergament geschrieben sind; auch  sind die beiden s nicht daran, der Riemen läuft ebenfalls durch und wird um den Arm gezogen, gerade zwischen dem Ober- und Unterarm, an diese Tephilin ist aber noch ein besonderer Knoten wie ein y Jod geformt, der dieselbe Stelle wie die Tephilin, dem Herz zugekehrt, einnimmt und siebenmal um den Arm und dreimal um den mittelsten Finger gewickelt wird. Noch ist zu bemerken, dass die beiden Tephilin eine jede unten, wo die Riemen durchlaufen, mit zwölf Stichen, drei von jeder Seite, mittelst einer Spannader von einem reinen Ochsen oder Kalbe zugenäht sind; es soll die zwölf Stämme Israels bedeuten. Hat man die Tephilin des Kopfes zuerst in die Hand bekommen, so muss man sie fahren lassen und erst die Tephilin am Arme anlegen; man muss das Wort xynhl (Lehanniach), “anzulegen”, mit einem Kametz und nicht mit einem Patach und Dagesch (unter h) aussprechen; der Segen wird erst gesprochen, wenn die Tephilin am Arme zugezogen und am Kopfe befestigt worden ist. Man darf zwischen der Anlegung der Tephilin, am Arme und am Kopfe, nicht sprechen. Hat man zwischen dieser Zeit das Kadisch oder die Keduscha gehört, so darf man kein Amen antworten, sondern muss stille sein und hören, was die Gemeinde sagt. Bevor man die Riemen um den Arm wickelt, muss man zuerst die Kopftephilin anlegen. Man muss beide Tephilin stehend anlegen. (Es kommen nun noch viele und und weitläufige Gesetze über die Tephilin vor.) Über geliehene, aber nicht über geraubte Tephilin darf man den Segen sprechen. Man darf die Tephilin vor der letzten Kadisch nicht abnehmen. Am Tage des Neumondes nimmt man die Tephilin vor dem Mussafgebet ab. Ebenso in den Zwischenfeiertagen von Pessach und Sukkoth. die Tephilin müssen sowohl am Arme als auch am Kopfe bloß anliegen und darf nichts dazwischen sein, bei den Riemen aber ist es nicht  nötig.  Wenn  Jemand  wegen  begangenen  Raubes am Kopfe gezeichnet ist, so kann er die Tephilin auf einer dünnen Mütze anlegen, denn sonst würde er solche aus Scham gar nicht anlegen; alsdann darf er aber bei den Kopftephilin den Segen nicht sprechen, sondern nur bei den Tephilin am Arme. Wer links ist und alle seine Arbeit mit der linken Hand verrichtet, muss die Tephilin an der rechten Hand (seine Linke) anlegen. Kann er seine beiden Hände gleich stark gebrauchen, so muss er die Tephilin an der linken anlegen. Die Hand, womit Jemand schreiben kann, ist seine Rechte; er muss also an der Entgegengesetzten die Tephilin anlegen. Man soll während des Gebetes immer die Tephilin berühren, um immer daran zu denken. Beim Abnehmen der Tephilin spricht man keinen Segen. An den Shabbaten und Feiertagen darf man die Tephilin nicht anlegen, denn die Shabbathe und Feiertage sind selbst ein Zeichen (Beweis) für die G’ttheit und es wären für sie eine Entwürdigung, wenn man auch die Tephilin an diesen Tagen anlegte.
 Da eine Meinungsverschiedenheit zwischen Raschi , dem Maimonides und dem Rabbi Tamm hinsichtlich der Ordnung der Abschnitte in den Tephilin herrscht  (die beiden ersten Rabbis nämlich wollen, dass man die vier Abschnitte in den Tephilin nach der schon beschriebenen Ordnung in den Behältnissen der Kopftephilin lege und ebenso auf dem einen Stück Pergament der Armtephilin schreibe, Rabbi Tamm aber will, dass die Ordnung der Abschnitte anders sei, nämlich im dritten Behältnisse der Kopftephilin erst 5. B. M. 11, 13,21 und dann 5. B. M. 6, 1,9 und so auch das Schreiben auf dem einen Stück Pergament der Armtephilin) und es nicht entschieden wurde, wer Recht hat, so muss sich ein frommer und g’ttesfürchtiger  Gelehrter,  aber nur ein  solcher,  zwei  Paar Tephilin anschaffen und muss solche beide, nämlich  zwei am Kopfe und zwei am Arme,  anlegen, damit er gewiss recht tue. (Er muss aber im Gedanken haben: ich will nur mit denen, die recht sind, meine Pflicht erfüllen und die anderen sollen für nichts gelten.) Denn es ist Platz dazu, sowohl am Kopfe als auch am Arme, oder wenn Jemand dies nicht kann (nämlich zwei Paar auf einmal anlegen), so soll er erst die nach der Ordnung von Raschi und Maimonides anlegen, so soll das Schma lesen und das Gebet verrichten, sie dann ablegen und die anderen, wie sie der Rabbi Tamm will, anlegen, ohne Segensprechen, und die Abschnitte 5. B. M. 6, 4-9 und 5. B. M. 11, 13-21 lesen. Diese zwei Paar Tephilin darf man aber nicht in einen und denselben Beutel legen, weil doch eines davon nur recht (heilig) ist, sondern jedes Paar muss in einen besonderen Beutel gelegt und an einem der Beutel ein Zeichen gemacht werden. Es ist Gebrauch, dass man auf das Pergament in den Armtephilin jeden Abschnitt auf sieben Reihen und in den Kopftephilin jeden Abschnitt auf vier Reihen schreibt; das Pergament wird so zubereitet, dass auf der innwendigen (Fleischseite) geschrieben wird. Die Buchstaben s, i, u, /, Schin, Ajin, Tet und Schluß-Zade, müssen auf der linken Seite mit drei kleinen Zweige mit Köpfen versehen sein, ferner auch die Buchstaben  n, z und g Nun, Sajin und Gimmel. Groß ist der Lohn für das Tephilin-Anlegen, wer dies nicht tut, der ist unter die sündhaften Israeliten zu zählen. Eigentlich soll man die Tephilin den ganzen Tag tragen, weil sie aber einen reinen Körper erfordern, ohne Blähungen von oben oder von unten, und dass man immer an sie denke und dies nicht Jeder kann, so ist der Gebrauch, dass man sie nur während des Schma-Lesens und des Gebetes des Morgens trage. Ein Unmündiger, der die Tephilin in Reinheit erhalten kann, nicht damit einschläft, und keine Blähungen hat, für dessen Vater ist es  Pflicht, ihm solche zu kaufen, um ihn daran zu gewöhnen. Es  ist aber der Gebrauch, dass vor dem abgelaufenen 13. Jahre Niemand solche anlegt; und davon ist nicht abzugehen. Frauen und Sklaven sind frei von der Pflicht, Tephilin anzulegen, weil dies ein Gebot ist, welches nur zur gewissen Zeit anwendbar ist (des Morgens beim Gebet), von solchen Geboten sind immer Frauen und Sklaven frei, und wenn die Frauen solche anlegen wollen, so wehrt man’s ihnen. Auch ein Gebannter und ein Aussätziger dürfen keine Tephilin anlegen. Während man die Tephilin trägt, darf man an keine Frau denken. Muss man eine Tephilin und eine Mesusah kaufen, hat man aber nicht Geld genug für beide, so geht die Tephilin vor. Tephilin, welche ein Sklave, eine Frau, ein Unwürdiger, ein Götzendiener, ein Kuthäer (Samariter), ein Abtrünniger oder ein Verräter geschrieben hat, sind nicht giltig. Tephilin, welche ein Apikauros (ein Freidenker), der nicht an den Talmud glaubt, geschrieben hat, müssen verbrannt oder versteckt werden. Findet man Tephilin bei einem solchen, und weiß man nicht, wer sie geschrieben hat, so müssen sie versteckt werden. Man soll Tephilin, Mesusoth oder jüdische Bücher, welche sich in den Händen von Nichtjuden befinden, nicht zuviel über den Wert derselben bezahlen, um sie nicht dadurch zu veranlassen, solche zu stehlen oder zu rauben. Man darf die Tephilin nicht an ihren Behältnissen oder an den Riemen derselben aufhängen, aber wenn sie sich in einem Beutel befinden, so kann man sie an demselben aufhängen. In einem Hause (soll wohl heißen Zimmer), in welchem Tephilin sich befinden, darf man keiner Frau beiwohnen, man müßte denn die Tephilin erst in einen doppelten Beutel legen; dieser zweite Beutel darf aber nicht ohnedem schon für die Tephilin bestimmt sein, d.h. sie sollen nicht gewöhnlich in einem doppelten Beutel sein, sonst hilft es nicht; wenn die Tephilin auch gewöhnlich in 50 doppelten Beutel  verwahrt  werden, so  müssen  sie doch, wenn  man  seiner  Frau  beiwohnen  will, in noch einen Beutel gelegt werden. Bei alledem darf man solche doch nicht zu Füßen, wenn die Frau mit im Bett ist, oder zu Kopf unter seinem Kopfe legen, wenn sie auch nicht mit im Bette ist u.s.w., u.s.w.