KAP. 35. WAJISCHLACH - בראשית לה וישלח von Rabbi Samson Raphael Hirsch

Kap. 35. V. 1. Da sprach Gott zu Jaakob: Mache dich auf, ziehe hinan nach Bethel und errichte dort einen Altar dem Gotte, der dir sichtbar geworden ist, als du vor deinem Bruder Esaw flohest. 2. Darauf sprach Jaakob zu seinem Hause und zu Allen, die bei ihm waren: Schaffet die Götter der Fremde fort, die unter euch sind, reinigt euch und wechselt eure Kleider, 3. wir wollen uns aufmachen und nach Bethel hinaufziehen; dort werde ich dem Gotte einen Altar errichten, der mich am Tage meiner Noth erhört und mit mir auf dem Wege gewesen, den ich gegangen. 4. Sie gaben Jaakob alle Götter der Fremde, die in ihrer Hand, und die Ringe, welche in ihren Ohren waren, und Jaakob vergrub sie unter der Eiche, welche bei Schechem ist. 5. Darauf zogen sie. Es war ein Gottesschrecken auf den Städten, die rings um sie waren, so daß sie den Söhnen Jaakob’s nicht nachsetzten. 6. Jaakob kam nach Lus, welches im Lande Kenaan ist, — es ist dies Bethel — er und das ganze Volk, das mit ihm war. 7. Dort baute er einen Altar und nannte die Stätte El-Bethel; denn dort waren ihm die göttlichen Beziehungen offenbar geworden, als er vor seinem Bruder floh. 8. Da starb Debora, Ribka’s Amme, und wurde unterhalb Bethel unter die Eiche begraben; er nannte sie Thränen-Eiche. 9. Es ward Gott nochmals dem Jaakob sichtbar, als er von Padan Aram kam, und segnete ihn. 10. Es sprach Gott zu ihm: Dein Name ist Jaakob; nicht mehr sollst du Jaakob genannt werden, sondern Jisrael soll dein Name sein; da nannte Er ihn Jisrae. 11. Gott sprach zu ihm: Ich bin Gott, der Allgenügende, werde fruchtbar und vervielfältige dich; ein Volk, und zwar eine Versammlung von Völkern, soll von dir werden; Könige sollen aus deinen Lenden stammen, 12. und dieses Land, das ich dem Abraham und Jizchak gegeben, dir werde ich es geben, und deinem dir nachfolgenden Samen werde ich das Land geben. 13. ‎Da enthob sich Gott von ihm an der Stätte, wo er mit ihm gesprochen. 14. Da errichtete Jaakob ein Denkmal an der Stelle, an welcher er mit ihm gesprochen, ein Denkmal von Einem Stein, goß ein Gußopfer darauf und schüttete Oel darauf hin. 15. Jaakob nannte den Ort, wo Gott mit ihm gesprochen hatte: Bethel. 16. Sie zogen von Bethel, und es war noch etwa eine Strecke Landes nach Efrath zu kommen, da gebar Rachel und es ging ihr schwer in ihrer Geburt. 17. Als sie so schwer fortschritt in der Geburt, sprach die Hebamme zu ihr: Fürchte nicht, denn auch dieses hier, ist dir ein Sohn. 18. Indem darauf ihre Seele schied, denn sie starb, nannte sie ihn Benoni; sein Vater aber nannte ihn Benjamin. 19. So starb Rachel und wurde auf dem Wege nach Efrath, das ist Beth Lechem, begraben. 20. Jaakob stellte ein Denkmal auf ihr Grab; es ist dies das Grabdenkmal Rachel’s bis heute. 21. Jisrael zog weiter und schlug sein Zelt entfernt von dem Heerdenthurme auf. 22. Da war es, als Jisrael in diesem Lande wohnte, ging Reuben und nahm sein Lager neben Bilha, der Halbfrau seines Vaters, so daß Jisrael davon hörte — da waren Jaakob’s Söhne zwölf. 23. Lea’s Söhne: Jaakob’s Erstgeborner Reuben, und Schimeon, Lewi, Jehuda, Jisachar und Sebulun. 24. Rachel’s Söhne: Josef und Binjamin. 25. Bilha’s Söhne, der Magd Rachel’s; Dan und Nafthali. 26. Silpa’s Söhne, der Magd Lea’s: Gad und Ascher. Dies waren Söhne Jaakob’s, die ihm in Padan Aram geboren wurden. 27. Da kam Jaakob zu seinem Vater Jizchak nach Mamre Kirjath Arba, es ist das Chebron, wo Abraham und Jizchak sich aufgehalten. 28. Jizchaks Tage waren hundertundachtzig Jahre. 29. Da verschied Jizchak und starb und wurde zu seinen Völkern gesammelt, alt und an Tagen satt, und es begruben ihn Esaw und Jaakob, seine Söhne.


V. 11. ‏גוי וקהל גוים‎ das Volk, das von ihm stammen wird, soll nach Außen eine Einheit und nach Innen eine einheitlich gesammelte Vielheit werden. Jeder Stamm soll eine gesonderte Volksindividualität repräsentiren. Das Jakobsvolk, das als »Jisrael« die alles irdisch Menschliche siegreich durchdringende und gestaltende Gotteskraft den Völkern offenbaren soll, soll darum nicht eine einseitige Erscheinung bieten, sondern als Mustervolk in nuce die verschiedensten Völker-Erscheinungen darstellen. Es soll in seinen Stämmen das Kriegervolk wie das Handelsvolk, das Volk des Ackerbau’s, wie das der Wissenschaften u. s. w. zur Darstellung bringen, auf, daß die Wahrheit durch die Welt hin leuchte, daß die Hingebung und Heiligung des Menschenlebens im Gottesbunde seines Gesetzes durch keine besondere Berufsstellung und Völker – Eigenthümlichkeit bedingt, sondern die ganze Menschheit in aller ihrer Mannigfaltigkeit berufen sei, den von Israel gelehrten Einen einheitlichen Gottesgeist in sich aufzunehmen und die ganze Mannigfaltigkeit der Menschen- und Völker- Individualitäten zu Einem einheitlichen Gottesreiche zu gestalten. Da dürfte denn auch das ‏ולורעך אחריך אתן את הארץ‎ mit dem Siporno heißen: und deinem dir nachfolgenden Samen werde ich einst die Erde geben — wie ‏וצריקים יירשו ארץ‎ — es wird ihnen und dem von ihnen in treuer Nachfolge bewahrten geistigen und sittlichen Vermächtniß dereinst die ganze Erde zufallen (Jes. 2, 3.).