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V. 2. Mein Lieber ging hinab in seinen Garten zu den Würzkrautbeetlein

V. 2. Mein Lieber ging hinab in seinen Garten zu den Würzkrautbeetlein.
R. Jose bar Chanina sagte: Der Anfang des Verses stimmt nicht mit dem Schlusse überein und dieser wieder nicht mit dem Anfange. Erst heißt es: „Er ging hinab in seinen Garten“ und dann: „zu weiden in den Gärten?“ Allein unter „meinem Lieben“ ist Gott und unter „seinem Garten“ die Welt, unter „dem Würzkrautbeetlein“ Israel und unter „den Gärten“ sind dessen Versammlungs- und Lehrhäuser zu verstehen. „Lilien zu pflücken“ d. i. die Gerechten in Israel aus der Welt zu nehmen. Was ist wohl der Unterschied zwischen dem Tode alter und junger Leute? R. Jehuda sagte: Wenn das Licht von selbst erlischt, so ist es gut für das Licht und für den Docht, wenn es aber nicht von selbst erlischt, so ist es nicht gut für das Licht und für den Docht.
R. Abuhu nahm die Feige als Beispiel an. Wird diese zu ihrer Zeit d. i. zur rechten Zeit gepflückt, so ist es gut für sie und für den Feigenbaum, wird sie aber vor ihrer Zeit (Reife) gebrochen, dann leidet sie und der Baum.
R. Chija bar Abba und seine Schüler, oder wie andere meinen, R. Akiba und seine Schüler, oder wie noch andere meinen, R. Josua und seine Schüler pflegten alle Tage frei unter einem Feigenbaume sich einzufinden. Der Besitzer desselben kam ihnen aber an jedem Tage zuvor und pflückte die Früchte ab. Wir wollen, sprachen sie untereinander, einen andern Ort aufsuchen, er hat uns vielleicht in Verdacht. Sie begaben sich nach einem andern   Orte. Als der Eigentümer des Feigenbaumes sie am andern Morgen nicht fand, suchte er sie so lange, bis er sie fand. Meine Herren! redete er sie an, den einzigen Liebesdienst, den ihr mir bis jetzt erwiesen habt, wollt ihr mir nun versagen? Sie sprachen: Gott behüte! Warum habt ihr aber euren Ort verlassen und euch an einem andern niedergelassen? Wir dachten, du hättest uns vielleicht in Verdacht. Gott behüte! entgegnete er, ich will euch die Ursache sagen, weshalb ich täglich frühmorgens vor eurer Ankunft die Feigen gepflückt habe. Wenn ich es so lange hätte anstehen lassen, bis die Sonne auf den Feigenbaum geschienen, so wären sie wurmstichig geworden. Am andern Tage fanden sie sich wieder ein, sahen die Früchte noch am Baume, pflückten sie ab, nahmen davon, brachen sie auf und fanden darin Würmer. Der Besitzer des Feigenbaumes, bekannten sie nun, hat Recht gehabt, er weiss, wenn es Zeit ist, die Feigen zu pflücken. Ebenso weiss Gott, wenn es Zeit ist, die Gerechten aus der Welt zu nehmen und er tut es. Gleich einem Könige, sagte R. Samuel bar Nachman, welcher einen Lustgarten hatte, in welchem er eine Reihe Nussbäume, eine Reihe Apfelbäume und eine Reihe Granatapfelbäume gepflanzt hatte, und den er dann seinem Sohne überließ. Wenn dieser den Willen seines Vaters tat, sah sich dieser nach schönen Pflanzen um, riss sie aus und versetzte sie in den Lustgarten seines Sohnes, tat dieser aber den Willen seines Vaters nicht, so sah sich der König in dem Lustgarten nach einer schönen Pflanze um und riss sie aus. So auch, wenn die Israeliten den Willen Gottes tun, bringt er jeden Gerechten, den er unter den Völkern der Welt findet, wie z. B. Jethro und Rachab, herbei und schließt ihn an die Israeliten an, tun sie aber seinen Willen nicht, so sieht er sich um, wo ein Gerechter, Grader, Frommer und Gottesfürchtiger unter ihnen ist und nimmt ihn von ihnen.
Als Chija bar Iwja, Schwestersohn bar Kapras, entschlummert war, wurde R. Jochanan aufgefordert, über ihn die Leichenrede zu halten. Er schlug aber den Resch Lakisch vor, der als Schüler des Hingeschiedenen dessen Leistungen und Verdienste eher zu würdigen wisse. R. Simeon ging hinauf und begann mit Anwendung der Worte des Hohenliedes: „Mein Lieber ging in seinen Garten hinab.“ Gott kannte die Werke des R. Chija bar Iwja, darum nahm er ihn aus der Welt.
Als R. Simon bar Sabdi entschlummert war, hielt R. Ila die Leichenrede und wandte auf ihn Hi. 28, 12. 14. 21 an: „Aber die Weisheit, wo wird sie gefunden? und wo ist der Sitz der Einsicht? Die Tiefe spricht: In mir ist sie nicht! und das Meer sagt: Sie ist nicht bei mir! Verborgen ist sie dem Blick aller Lebenden, und vor den Vögeln des Himmels verhüllt.“ Hier werden vier Dinge genannt, deren die Welt (im Verkehr) sich bedient, nämlich Silber, Gold, Eisen und Kupfer, die, wenn sie abhanden gekommen sind, sich  wieder ersetzen  lassen. (Das. V. 1 u. 2):  „Denn  das Silber hat seinen Fundort und seinen Sitz das Gold, das man läutert; Eisen wird aus dem Boden geholt und Steine schmilzt man zu Kupfer“; wenn aber ein Weiser gestorben ist, wer bringt uns dafür einen Ersatz, wir haben den R. Simon verloren, wo finden wir seinesgleichen?
R. Levi ließ sich mit Bezug auf Gen. 42, 28 auf diese Weise aus: „Die Stämme hatten einen Fund getan und sie entsetzten sich darüber“, wie erst wir, die wir den R. Simon bar Sabdi verloren haben! Wo finden wir einen Ersatz für ihn?
Als R. Bun bar R. Chija entschlummert war, hielt R. Sera diese Trauerrede mit zu Grundelegung von Kohelet 5, 12: „Der Schlaf des Arbeiters ist süß.“ Mit wem ist wohl R. Bun zu vergleichen? Mit einem Könige, welcher einen Weinberg hatte, zu dessen Pflege er Arbeiter mietete. Unter diesen befand sich einer, welcher die andern weit an Geschicklichkeit übertraf. Als der König es bemerkte, ergriff er ihn bei der Hand und wandelte mit ihm im Garten die Länge und Breite. Zur Abendzeit kamen die Arbeiter, um ihren Lohn zu empfangen, da stellte sich auch der geschickte Arbeiter ein, um mit den anderen seinen Lohn zu empfangen, und der König gab ihm denselben Lohn wie den andern. Darüber ärgerten sich die andern Arbeiter. Unser Herr König! sprachen sie, wir haben den ganzen Tag gearbeitet und dieser hat nur zwei oder drei Stunden gearbeitet und er empfängt gleichen Lohn mit uns? Was ärgert ihr euch, erwiderte der König, er hat in den zwei oder drei Stunden mehr gearbeitet, als ihr den ganzen Tag. So hat auch R. Bun bar Chija in 28 Jahren im Gesetze mehr geleistet (ersprießlicher gewirkt), als ein ergrauter Schüler in hundert Jahren.
R. Jochanan sagte: Wer in dieser Welt sich mit dem Gesetze beschäftigt, den lässt man künftig nicht schlafen, sondern man führt ihn in das Lehrhaus Schems und Ebers, Abrahams, Jizchaks und Jacobs, Moses und Aarons, so dass auf ihn 2 Sam. 7, 9 angewendet werden kann: „Ich habe dir einen großen Namen gemacht gleich den Grossen auf Erden.“