V. 6. Seht mich nicht an, dass ich so schwarz bin

V. 6. Seht mich nicht an, dass ich so schwarz bin.
R. Simon begann mit Anknüpfung an Prov. 30, 10. Die Israeliten werden Knechte genannt s. Lev. 25, 55, ebenso auch die Propheten s. Am. 3, 7.  Die Gemeinde Israel spricht zu den Propheten: Beschämt mich nicht wegen meiner Missgestalt (Schwärze), keiner hat sich mehr an meinen Kindern erfreut als Mose, aber, (und doch) weil er sie Widerspenstige genannt s. Nume, 20, 10, nicht in das verheißene Land kam. Es hat sich ferner keiner an meinen Kindern mehr erfreut, als Jesaia und doch weil er sagte (s. Jes. 6, 5): „Unter einem Volke unreiner Lippen wohne ich“, sprach Gott zu ihm: Das kannst du wohl von dir sagen (s. das. V. 5), aber nicht von deinem Volke. Und was geschah? Es flog einer von den Seraphim zu ihm mit einer glühenden Kohle in seiner Hand (hpor vdybv) s. das. V. 6, was nach R. Samuel sagen will: der Mund werde zerschellt (hp /vor, hp /vr), weil er gegen meine Kinder Verläumderisches spricht. So war es auch mit Elia der Fall, welcher die Israeliten vor Gott anklagte s. 1 Reg. 19, 14: „Die Israeliten haben deinen Bund, verlassen.“ Meinen Bund entgegnete Gott, etwa deinen Bund? „Sie haben deine Altäre niedergerissen.“ Meine Altäre entgegnete Gott, etwa deine Altäre? „Sie haben deine Propheten mit dem Schwerte hingewürgt.“ Meine Propheten, was liegt dir daran? „Ich bin nur übrig geblieben und nun trachten sie nach meiner Seele, sie zu nehmen.“ Was steht das. 19, 6 geschrieben? „Da er sich umschaute, stand ein auf Kohlen gebackener Kuchen zu seinen Häupten.“ Was bedeutet mypor? R. Samuel bar Nachman sagt: Der Mund werde zerschellt (tvyp /vor, hp /r), der gegen meine Kinder Verleumderisches spricht. R. Jochanan berief sich dagegen auf das Orakel wider Damaskus s. Jes. 17, 1 u. 2: Ausspruch über Damaskus. Siehe Damaskus wird entfernt aus den Städten u. s. w. Verlassen sind die Städte der Aroer! Was ist das? Er (Jesaja) steht (d. i. spricht von) bei Damaskus und erwähnt Aroer! liegt nicht diese Stadt im moabitischen Gebiete? Allein es waren in Damaskus 365 Götzentempel, soviel wie ein Sonnenjahr Tage zählt. An jedem Tage war der Dienst in einem andern Tempel, aber an einem gewissen Tage fand er in allen statt, an welchem auch die Israeliten Teil nahmen s. Jud. 10, 6. In dieser. Zeit brachte Elia seine verleumderische Anklage vor. , Was klagst du die Israeliten an? Klage jene an. Darum erhielt er die Weisung, nach der Wüste von Damaskus zurückzukehren s. I Reg. 29, 15.
R. Abuhu und Resch Lakisch gingen hinauf nach der Landschaft Cäsarea. Was ist, sprach R. Abuhu zu Resch Lakisch, dass wir nach einer so verrufenen und beschimpften Gegend ziehen? Dieser stieg vom Esel, nahm eine Hand voll Sand und kehrte sie nach dem Munde des R. Abuhu. Dieser fragte: Was soll das? Dich lehren, dass Gott an verleumderischem Munde gegen Israel Missfallen hat.
dass mich die Sonne so verbrannt hat.
R. Abba bar Kahana sagte im Namen des R. Chija: Es steht Jerem. 2, 13 geschrieben: „Denn zwei Übel hat mein Volk begangen.“ Wie, nur zwei, dasgeschah ja im Übermasse (bis zu Tausenden). Allein es soll dich lehren, dass die eine Sünde, welche sie begangen, so schwer wie zwei wiegt, da sie sich vor Götzen bückten und vor dem Heiligtum sich (unanständig) entblößten vergl. Ezech. 8, 16.
Oder „dass mich die Sonne so verbrannt hat“, weil ich Krippen für die Pferde (zum Dienste) für die Sonne eingerichtet habe s. 2 Reg. 23, 11.
R. Jizchak legte obige Worte auf den Krieg gegen Midian aus. Du findest, als die Israeliten gegen Midian zu Felde zogen, ging man paarweise zu der Frau (der Krieger), ein Teil russte ihr das Gesicht mit einer Kohle ein, der andere nahm ihr ihre Ringe ab und sie sprach: Sind wir nicht auch Geschöpfe Gottes, ist es recht, dass ihr mit uns so umgehet? Ist’s euch nicht genug, sprachen die Israeliten, dass das unsrige von euren Händen genommen worden ist, dass die Häupter unseres Volkes vor der Sonne aufgehängt worden sind s. Num. 25, 4 und weshalb? Weil es dem Dienste des Baal Peor sich angeschlossen hat s. das. V. 3.
R. Jizchak erzählte: Eine Städterin hatte eine äthiopische Magd, welche mit einer andern nach einer Quelle ging, um Wasser zu holen. Unterwegs sprach eine zu der andern: Morgen entlässt mein Herr sein Weib und heiratet mich. Warum scheidet er sich von ihr? Weil er berußte (schwarze) Hände an ihr gesehen hat. Du Närrin! entgegnete ihre Gefährtin, möchten deine Ohren hören, was dein Mund spricht. Wenn er sein Weib, das ihm doch gewiss sehr lieb ist, schon darum von sich entfernt, weil er nur eine Stunde lang Russflecken an ihren Händen gesehen hat, wie wird er sich mit dir verbinden, da du schon von Mutterleibe an, und am ganzen Körper schwarz bist? Ebenso antworten die Israeliten den Völkern, welche sie necken und sprechen: „Sie haben ihre Ehre gegen einen Kraut fressenden Ochsen vertauscht“ s. Ps. 106, 20. Wenn wir schon durch diesen kurzen Wahn, sprechen die Israeliten zu ihnen, eine so große Schuld auf uns geladen haben, um wie viel mehr ihr. Ferner sprechen die Israeliten zu den Völkern der Welt: Es ist euch gesagt worden: Wir gleichen einem Königssohne, der zur Stadt hinaus ins Freie ging und die Sonne stach (verwundete) seinen Kopf und sein Gesicht wurde gebräunt, als er wieder in die Stadt kam, wusch und badete er sich und sein Körper und sein Gesicht ward wieder so weiss wie vorher. Ihr aber seid schon von Mutterleibe an verbrannt d. i. seit ihr aus dem Leibe eurer Mutter seid, habt ihr Götzendienst getrieben, denn als eure Mutter mit euch schwanger war, ging sie in den Götzentempel, kniete nieder und betete mit ihrem Sohne gemeinsam den Abgott an.
Meiner Mutter Kinder zürnen mir.
R. Meir will unter den yma ynb nicht die Kinder meiner Mutter, sondern die meiner Nation (ytmva ynb) d. i. Dathan und Abiram verstehen,  welche den Richter zu heftigem Zorn auch gegen mich erregt haben (denn sie sollen Mose bei Pharao verleumdet haben, dass dieser jenem nach dem Leben trachtete).
Sie haben mich zur Hüterin der Weinberge gesetzt d. i. sie haben mich, spricht Mose, zum Schiedsrichter der Töchter Jethros, meines Schwiegervaters, gemacht, „aber meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet“ d. i. der Sache meiner Brüder in Ägypten habe ich mich nicht annehmen können.
R. Jose, welcher auch wie der Vorige „die Kinder meiner Nation“ versteht, denkt an die Kundschafter, welche den Grimm gegen mich angefacht haben und Schuld tragen, dass ich durch zweiundvierzig Züge in der Wüste aufgehalten und behindert wurde, in das Land Israel einzuziehen, um „meinem Weinberg, eine Hüterin zu sein.“
Oder unter „den Söhnen meiner Mutter“ ist Jerobeam ben Nebat zu verstehen. Dieser hat mich zur Hüterin der Weinberge d. i. des von ihm eingeführten Kälberdienstes gemacht, dass ich in Folge dessen meinen Weinberg, den Priester- und Levitendienst, vernachlässigte.
R. Levi sagte: An dem Tage, an welchem Salomo sich mit der Tochter des ägyptischen Königs Necho vermählte, kam der Engelfürst Michael (Nach Schabbat fol. 56b war es Gabriel vergl. Sanhedr. fol. 21b), der große Herr, vom Himmel herab, steckte ein großes (langes) Rohr ins Meer an, welches sich von dieser und jener Seite Feuchtigkeit ansetzte, eine Stelle, welche die Form von Walddickicht annahm, und daraus entstand die Stadt Rom.
An dem Tage, an welchem Jerobeam ben Nebat die zwei goldnen Kälber errichtete, wurden zwei Hütten (]ypyro) in Rom gebaut, welche einstürzten, wieder hergestellt wurden und abermals wieder einstürzten. Es war aber ein alter Mann dort, Namens Abba Kolon, dieser sagte: Wenn ihr nicht Wasser vom Euphrat holt und damit den Lehm zubereitet und damit baut, wird der Bau keinen Bestand haben. Man sprach: Wer bringt es uns herbei? Abba Kolon erbot sich dazu. Er stellte sich, als wenn er ein Weinhändler wäre, zog von einer Stadt nach der andern und von einem Land nach dem andern, bis er endlich den Euphrat erreichte. Als er an das Ziel gekommen war, holte er Wasser aus dem Euphrat, füllte die leeren Weinfässer, knetete damit den Lehm und baute damit und der Bau war dauerhaft. Seitdem hieß es Jedes Land, das nicht einen Abba Kolon hat, verdient nicht den Namen Land, und die zwei Hütten erhielten den Namen: das babylonische Rom.
An dem Tage, an welchem Elia, dessen Andenken in Segen sei, in den Himmel fuhr, wurde ein König in Rom eingesetzt s. 1 Reg. 22, 48.
Oder: „Die Kinder meiner Mutter“ d. i. die Söhne meiner Nation, worunter Achab zu verstehen ist, haben den Richter wider mich aufgebracht, mich zur Hüterin fremder Weinberge d. i. zur Ernährerin Zedekias und seiner Genossen gemacht, dass ich meinen Weinberg d. i. den einen wahren Propheten, den ich gehabt, Michajehu, der bei kümmerlicher Kost erhalten wurde, vernachlässigt habe s. das. V. 27.
Oder die Klage ist gegen Isebel gerichtet, welche die Propheten des Baal und der Aschern mästete und den wahren Propheten Elia mit dem Tode bedrohte s. 1 Reg. 19, 2.
Oder die Klage geht gegen den König Zedekia, welcher den Paschur ben Malkijah und seine Genossen mästete (unterhielt), aber einen wahren Propheten hatte ich an Jeremja, den er übel behandelte und kümmerlich mit Gerstenbrot ernährte s. Jerem. 37, 21: „Und er gab ihm einen Laib Brot täglich aus der Strasse der Bäcker.“ Was heißt das? R. Jizchak sagte: Das ist kleienartiges Brot, welches nicht auf dem Markte (außerhalb des Marktes) verkauft ward; da es schwärzer als Gerstenkleie war. Meinen Weinberg habe ich nicht gehütet, d. i. weil ich meinen Weinberg nicht gehütet habe.
R. Chija sagte im Namen des R. Jochanan: Die Gemeinde Israel spricht vor Gott: Herr der Welt! weil ich es mit einem Opferfladen nicht gehörig nach der Vorschrift (s. Num. 15, 20), im Lande Israel gehalten habe, entrichte ich nun zwei in Syrien, in der Meinung, dass ich, für zwei Lohn empfangen werde, allein ich werde nur für einen belohnt werden.
R. Bo sagte im Namen des R. Jochanan: Die Gemeinde Israel spricht vor Gott: Weil ich nicht einen Festtag im Lande Israel gehörig gehalten habe, feiere ich nun in der Gefangenschaft im Auslande zwei Festtage, empfange aber nur Lohn für einen. R. Jochanan wandte darauf den Spruch Ezech. 20, 25 an: „Auch ich gab ihnen nicht gute Gesetze.“