V. 12. Bis zum Gelage des Königs gab meine Narde ihren Duft

V. 12. Bis zum Gelage des Königs gab meine Narde ihren Duft.
R. Meir sagte: Bis zum König aller Könige, Gott, dem Hochpreislichen in seinem himmlischen Sitze verbreitete Israel durch das angebetete Kalb s. Ex. 32, 8 einen üblen Geruch. Genug, Meir! rief ihm R. Jehuda entrüstet zu, das Hohelied wird nicht zur Schande, sondern nur zum Ruhm für Israel gedeutet und zwar auf diese Weise: Bis zum Könige aller Könige, Gott, dem Hochpreislichen in seinem himmlischen Sitze drang der Duft, als Israel vor dem Berge Sinai sprach Ex. 24, 7: „Alles, was der Ewige gesprochen, wollen wir tun und gehorchen.“ Wie kam denn R. Meir auf eine so üble Auffassung? Durch eine Überlieferung (Masechta), welche aus dem Exil herrührte, in der es hieß: Die Fertigung des Kalbes war vor der Verfertigung der Stiftshütte.
R. Elieser erklärte den Vers auf diese Weise: Als der König aller Könige, Gott, der Hochpreisliche in seinem himmlischen Sitze (in den höchsten Sphären) sich noch befand, stand schon der Berg Sinai in Flammen s. Deut. 4, 11. R. Akiba sagte: Als der König der Könige, Gott, der Hochpreisliche sich in seinem himmlischen Sitze befand, hatte schon die Herrlichkeit des Ewigen sich auf den Berg Sinai niedergelassen s. Ex. 24, 16. R. Berachja sagte: Als Mose, der König genannt wird s. Deut. 33, 5, sich in göttlicher Umgebung befand, hatte Gott schon „alle diese Worte“ (die zehn Gebote) s. Ex. 20, 1, gesprochen. R. Elieser ben Jacob sagte: Als der König der Könige, Gott, der Hochpreisliche noch in seinem himmlischen Kreise sich befand, war schon der Engelfürst Michael vom Himmel herabgekommen und hatte unseren Vater Abraham aus dem Glutofen gerettet. Die Rabbinen sagen: Gott stieg herab, um ihn zu retten s. Gen. 15, 7. Wann kam Michael herab? In den Tagen Chananjas, Mischaels und Asarjas.
R. Tabjumi sagte: Als unser Vater Jacob noch auf seinem Bette lag, kam ein Funke des heiligen Geistes über ihn in den Worten zu seinen Kindern: „Gott wird mit euch sein“ s. Gen. 48, 21 d. i. er wird seine Schechina unter euch ruhen lassen.
R. Nachman sagte: Es steht Gen. 46, 1 geschrieben: „Israel (d. i. Jacob) brach auf mit allem, was er hatte und kam nach Berseba.“ Wohin ging er? Um die Zedern zu fällen, die unser Vater Abraham in Berseba gepflanzt hatte s. Gen. 21, 33. Von daher, sagte R. Levi, kamen die dreißig Ellen langen Bretter, die für den Augenblick zum Bau der Stiftshütte gebraucht wurden s. Ex. 26, I5. 16.
R. Levi bar Chija sagte: Die Akazienbäume wurden in Magdela Zibaja (der Färber) gefällt nach Ägypten gebracht und hatten weder Knoten noch Spalt. Solche Bäume befanden sich noch an dem erwähnten Ort, die man aber aus Rücksicht wegen der Heiligkeit der von ihnen gemachten Bundeslade nicht zu gemeinen Zwecken verwenden sollte. Es fragten dieserhalb den Rab Chananja die Genossen der Rabbinen und er tat den Ausspruch: Ändert nicht die Sitte eurer Väter!
R. Pinchas erklärte im Namen des R. Hosaja obigen Vers dahin: Während der König aller Könige, Gott, der Hochpreisliche in seinem himmlischen Kreise noch weilte, waren schon am dritten Tage mit Tagesanbruch Donnerstimmen, Blitze, schweres Gewölk und starker Posaunenschall auf dem Berge Sinai wahrzunehmen s. Ex. 19, 16. Gleich einem Könige, welcher seinen Entschluss bekannt werden ließ, dass er an einem bestimmten Tage in der Provinz eintreffen werde, allein er fand bei seiner Ankunft die Einwohner die ganze Nacht in Schlaf versunken und er liess Trompeten und Posaunen erschallen. Da weckte der Statthalter sie und führte sie dem König entgegen, und derselbe ging vor ihnen her, bis er an seinem Palaste anlangte. So hatte auch Gott bekannt gemacht, dass er am dritten Tage sich vor den Augen des Volkes herablassen werde s. das. V. 2. Die Israeliten schliefen die ganze Nacht in Folge deren Kürze und der angenehmen Feststimmung so, dass sie, wie R. Judan bemerkt, sogar die Flohstiche nicht empfanden. Da kam Gott und fand sie schlafend und er weckte sie durch Trompeten und Donnerstimmen, und Mose führte sie darauf dem König der Könige, Gott, dem Hochpreislichen entgegen s. V. 17, welcher nun vor ihnen herzog, bis er an den Berg Sinai gelangte s. V. 18. R. Jizchak sagte: Diesen Leichtsinn wirft Jesaia ihnen mit den Worten vor (s. Jes. 50, 2): „Warum kam ich und fand niemand, rief und niemand antwortete“ u. s. w. R. Judan sagte: Als Chiskia und sein Kollegium ihre Pessachlämmer in Jerusalem verzehrten, hatte Gott schon den Engel in der Nacht gesandt, welcher eine große Niederlage im assyrischen Lager anrichtete s. Jes. 37, 36.
R. Abuhu sagte: Während Mose und die Israeliten ihre Pessachlämmer noch in Ägypten aßen, hatte der Ewige schon alle Erstgebornen der Ägypter erschlagen s. Ex. 12, 29. Da dieses Blut nach der Meinung des R. Abuhu (welche mit der des R. Meir s. oben, übereinstimmt) einen unerträglichen Geruch verursachte, ließ Gott einen Duft aus dem würzigen Garten Eden sich verbreiten, dass die Israeliten Esslust verspürten und zu Mose sprachen: Mose, unser Lehrer! gib uns etwas zu essen. Mose antwortete s. das. V. 43: „So hat Gott mir gesagt: Kein Fremdling soll davon“(vom Pessach) essen.“ Sie entfernten alle Fremdlinge aus ihrer Mitte und wollten nun „essen. Sie sprachen: Mose, unser Lehrer! gib uns etwas zu essen. Allein Mose entgegnete ihnen: So hat Gott mir gesagt s. das. V. 44: „Jeder für Geld gekaufte Knecht muss erst beschnitten werden, dann mag er essen.“ Als sie auch dieser Vorschrift genügt und ihre Knechte beschnitten hatten, bekamen sie Lust zu essen, sie wiederholten daher ihre Bitte: Mose, unser Lehrer! gib uns etwas zu essen. Mose sprach zu ihnen: Gott hat mir kurz (in Summa) gesagt s. das. V. 48: „Kein Unbeschnittener darf davon essen.“ Jeder legte hierauf sein Schwert an seine Hüfte und beschnitt sich. Wer hat sie beschnitten? R. Berachja sagte: Mose machte den Schnitt, Aaron riss und Josua gab zu trinken aus dem geweihten Becher. Nach anderen beschnitt Josua und Aaron riss und Mose reichte den geweihten Becher s. Jos. 5, 2. Warum heißt es: „Zum zweiten Mal?“ Weil er sie bereits das erste Mal beschnitten hatte. „Da machte sich Josua scharfe Messer und beschnitt die Kinder Israels am Hügel Araloth (der Vorhäute) s. das. V. 3. Warum am Hügel Araloth? R. Bibi sagte: Weil sie mit den Vorhäuten einen Hügel gemacht hatten.