V. 11. In den Nussgarten stieg ich hinab

V. 11.    In den Nussgarten stieg ich hinab.
Die Israeliten werden mit einem Nussbaum verglichen, sagte R. Josua ben Levi, wie dieser beschnitten wird und wächst und also zu seinem Vorteil beschnitten wird, warum? weil er (besser) wächst, so gewinnen auch die Israeliten an Reichtum in dieser und Lohn in jener Welt. Wie ferner das Haar, welches abgeschnitten wird und wieder wächst, und wie die Nägel, welche abgeschnitten werden und wieder wachsen, ebenso werden auch die Israeliten von Mühsalen gequält, trotzdem aber geschieht das denen, welche sich mit der Thora in dieser Welt bemühen, zu ihrem Besten, sie wachsen und nehmen zu an Reichtum in dieser Welt und an gutem Lohn in jener Welt.
R. Josua von Sichnin sagte im Namen des R. Levi: Alle jungen Pflanzen gedeihen nur, wenn du anfangs ihre Wurzeln bedeckst, wenn das nicht geschieht, so gedeihen sie nicht, allein der Nussbaum gedeiht nicht, wenn du auch seine Wurzeln beim Pflanzen bedeckst, ebenso verhält es sich mit den Israeliten, „wenn er seine Vergehungen bedeckt, so gereicht ihm das nicht zum Glücke“ s. Prov. 28, 13. R. Elascha sagte: Die Schrift hätte nur: „in einem Gemüsegarten“ zu sagen brauchen, wozu „in einem Nussgarten?“ Um damit zu lehren, dass Gott den Israeliten die Kraft der Pflanzen und den Glanz des jungen Grün gegeben habe.
R. Asarja fand zwei Ähnlichkeiten: Wie bei der Nuss die Schale die Frucht bewahrt, so halten auch die Ungebildeten in Israel fest an den Worten des Gesetzes s. Prov. 5, 18, und wie diese Nuss, wenn sie auch in den Schmutz fällt, abgerieben und gereinigt doch genießbar ist, so werden auch die Israeliten, wenn sie sich ein ganzes Jahr hindurch mit Sünden besudelt haben, am Versöhnungstage wieder rein s. Lev. 16, 30. R. Jehuda bar R. Simon sagte: Wie die Nuss zwei Schalen hat, so finden auch bei den Israeliten zwei Gebräuche, die Beschneidung und das damit verbundene Reißen statt.
R. Levi sagte: Weil der Nussbaum glatt ist, denn es ist gelehrt worden (Mischna Pea IV, 1): R. Simeon sagt: Auch bei glatten Nussbäumen u. s. w. Wie der, welcher Unachtsamerweise auf die Spitze eines Nussbaumes steigt, herunterfällt und tot liegen bleibt, so fällt auch derjenige, welcher die öffentlichen Angelegenheiten in Israel ohne die dazu erforderliche Sorgfalt leitet s. Jerem. 2, 3.
Oder: Wie der Nussbaum ein Spielzeug für die Kinder und eine Unterhaltung für die Könige ist, so sind auch die Israeliten in Folge der Sünden ein Spielball für die Völker in dieser Welt s. Thren. 3, 14: „Zum Gelächter bin ich meinem ganzen Volke“, aber einst werden Könige seine Wärter sein s. Jes. 49, 23.
Oder: Wie es unter den Nüssen weiche, mittlere und hartschalige gibt, so gibt es auch Israeliten, welche aus eigenem Triebe wohltätig sind, andere, die erst dazu aufgefordert werden müssen, und endlich solche, die auch in diesem Falle noch nichts tun wollen. Auf diese Klasse wandte R. Levi das Sprichwort an: Das Tor, das für Wohltaten nicht offen steht, wird dem Arzte offen stehen.
Oder: Wie du die Nuss mit einem Steine brichst, so heißt auch die Thora ein Stein und auch die Leidenschaft (der böse Trieb) wird ein Stein genannt. Die Thora heißt so s. Ex. 24, 12, die Leidenschaft heißt so s. Ezech. 26, 36. Gleich einem einsamen Orte, bemerkte R. Levi, den räuberische Horden durchstreiften. Was machte der König? Er setzte Grenzsoldaten (Wächter) dahin, welche die Gegend bewachten, damit die Horden die Vorüberziehenden nicht überfallen sollten. Ebenso sagte auch Gott: Das Gesetz wird „Stein“ genannt, aber auch die Leidenschaft (der böse Trieb) wird „Stein“ genannt, so möge ein Stein den andern bewahren.
Oder: Wie man mit Nüssen nicht die Zollsteuer hinterziehen kann, weil sie gehört und bemerkt werden, so kann auch der Israelit, wo er auch hinkommt, sich nicht verleugnen und sprechen: Ich bin kein Jude. Warum nicht? Weil er als solcher erkannt wird. s. Jes. 61, 9: „Wer sie (die Israeliten) sieht, wird erkennen, dass sie ein vom Ewigen gesegneter Same sind.
Oder: Wie du mit deiner Hand in einen Sack voll Nüsse noch so viele Mohnkörner und Senfkörner füllen kannst, ebenso können sich viele Proselyten an Israel anschließen s. Num. 23, 10.
Oder: Wie du eine Nuss vom Haufen nimmst, so wälzen sich alle übrigen und rollen herab, ebenso empfinden es auch alle Israeliten, wenn einer aus ihrer Mitte leidet s. das.  16, 22.
R. Berachja sagte: Wie die Nuss unter den vier Hüllen den Kern in der Mitte birgt, so wohnten auch die Israeliten in der Wüste als vier Kohorten, als vier Lager und das Stiftszelt war in der Mitte s. Num. 2, 17.
Oder: „In den Nussgarten ging ich hinab“ d. i. in die Welt, „zu schauen das Gespross des Tales“ d. i. die Israeliten, „ob der Weinstock erblüht sei“ d. s. die Versammlungs- und Lehrhäuser, „ob die Granaten geknospet“ d. s. die Schulkinder, die wie Granatkerne reihenweis lernbegierig dasitzen.